Sonntag Aktuell

Poseidons Gärten

Angenehme Wassertemperaturen und farbenprächtige Riffs haben die Tauchreviere von Koh Tao weltberühmt gemacht. Die Insel im Golf von Thailand bietet optimale Bedingungen für die Tauchausbildung.

In der Unterwasser-Waschstraße von Koh Tao stehen die Fische schon am frühen Morgen Schlange, als sich ein Barrakuda mit offenem Maul seine spitzen Zähne reinigen lässt. Ein winziger Putzerfisch schwimmt in seine Kiemenhöhle, danach sucht er die silbrigen Schuppen des reglosen Räubers nach Parasiten ab. Ein harmloser Kofferfisch und einige jetzt ebenfalls ganz friedliche Makrelen haben auch schon Position bezogen an der Putzerstation von Mae Haad. Wenn sie das Maul aufsperren und ihre Flossen abspreizen, wissen die fleißigen Putzer, dass sie selbst von Raubfischen nichts zu befürchten haben. Die Waschstraße der Fische ist nur eine der vielen Unterwasserattraktionen in diesem Teil des Golfs von Thailand.

Alle Boote, die Koh Tao ansteuern, legen im Hauptort Mae Haad an. Trotz des regelmäßigen Schiffsverkehrs ist die Bucht ein beliebtes Tauch- und Schnorchelrevier. Etliche Tauchschulen säumen die enge Küstenstraße. Mit ihren schmalen Langbooten schippern sie zu den Korallengärten und Steilwänden. Für morgendliche Schnorchelausflüge und die ersten Unterwasserversuche eignet sich das seichte Wasser der Hausbucht Mae Haad. Einige Tauchschüler hocken sich in den türkisblauen Meerespool, nehmen ihre Maske ab und pusten das darin gesammelte Wasser durch die Dichtung. Wenn sie sicher mit Tiefenmesser und Tarierweste umgehen können, ist der praktische Teil ihrer Ausbildung erledigt. Dann geht es endlich hinab zu den farbenfrohen Aquarien von Koh Tao.

Unterwasserneulinge haben viele Riffdächer in Strandnähe beschädigt

Rund um die Schildkröteninsel, so die wörtliche Übersetzung von Koh Tao, lassen sich die gepanzerten Meeresbewohner heutzutage nur noch selten blicken. Große Fischfangboote und die vielen Touristen haben sie von ihren Nistplätzen vertrieben. Vor 25 Jahren wimmelte es von Schildkröten, die sich jedes Jahr zur Paarungszeit nach Koh Tao aufmachten, um an den Stränden ihre Eier zu vergraben. Mitte der 1980er Jahre landeten die ersten Traveller im Tropenparadies. Einen Fährbetrieb gab es damals noch nicht, die Rucksacktouristen ließen sich von Fischern für ein Taschengeld übersetzen. Schnell fanden die Wegbereiter des Tauchtourismus heraus, dass es unterhalb der aquamarin funkelnden Wasseroberfläche eine Zauberwelt aus schneeweißem Korallensand, knallbunten Papageienfischen und Gorgoniengärten zu entdecken gab.

Korallenriff mit Stein- und Lederkorallen - Foto: Nick Hobgood/Wikipedia

Im Laufe der Jahre siedelten sich immer mehr Tauchbasen an; unter den preisbewussten Rucksacktouristen sprach sich herum, dass man die Lizenz zum Tauchen auf Koh Tao besonders günstig bekommt. In Scharen trampelten Unterwasserneulinge bei ihren Freiwasserübungen über die Riffdächer in Strandnähe. Niemand sagte ihnen, dass größere Korallenstöcke Hunderte von Jahren brauchen, um zu derart weit verzweigten Ökosystemen heranzuwachsen. Günstiger als in Europa sind die Tauchkurse noch immer, aber die Tauchzentren legen größeren Wert auf den Schutz der Korallen. Inzwischen bemühen sich Meeresbiologen darum, die Schildkröten zurück auf ihre Insel zu holen und geschädigte Meeresgärten durch Transplantationen gezüchteter Korallen wiederzubeleben.

An Bord der Motoryacht stapeln sich Bleigurte und Tauchkisten. Das Boot nimmt Kurs auf den Unterwasserfelsen Chumpon Pinnacle. Am Ankerplatz kräuseln sich kleine Wellen an der Oberfläche. Ein Taucher nach dem anderen hievt seine Tarierweste hoch, an der die schwere Pressluftflasche baumelt. Zuletzt heißt es Flossen an, Maske auf und mit großem Schritt über die Reling ins 29 Grad warme Wasser. Als alle bereit sind, senkt die Tauchlehrerin ihren Daumen. Aus der Tarierweste entweicht die Luft, der Sinkflug zu Felsformationen und maritimen Gärten beginnt. Der Tiefenmesser zeigt fünf, zehn, 14 Meter an. Auf einem Plateau ein Meer aus Seeanemonen, deren Tentakel in der Brandung hin- und herwiegen. Dazwischen Anemonenfische, lauter winzige Nemos, die mit drolliger Schnappatmung ihr Revier verteidigen. Beinahe lautlos schweben die Taucher an pockennarbigen Seegurken und Fledermausfischen vorbei. Nur das Blubbern des eigenen Atems ist zu hören. Aus einer Felsspalte ragen die Antennen einer Garnele. Die Tauchführerin deutet auf einen Igelfisch, dessen große Augen dem Staunen der Maskenmenschen Konkurrenz machen. Auf einer Hirnkoralle sitzt eine gelb-braun gemusterte Nacktschnecke mit roten Fühlern. Ein klitzekleines Kunstwerk der Natur.

Drachenköpfe und Adlerrochen

Aufgeregt wedelt einer der Taucher mit den Armen. Jagende Barrakudas, tropische Raubfische, kommen vorbei. Der Schwarm gleicht einer Silberwand länglicher, durchs endlose Blau fliegender Körper. Der Druckmesser zeigt 120 Bar an. Luft genug, um noch ein wenig tiefer zu sinken. Ein gepunkteter Adlerrochen segelt vorbei. In der Nähe des Riffdachs lauert ein Drachenkopf, der auf den ersten Blick wie ein Fabelwesen aussieht. Im Zeitlupentempo geht es schließlich aufwärts. In fünf Meter Tiefe legt die Gruppe einen Sicherheitsstopp ein, um im Gewebe gebundene Gase abzuatmen. Die Wartezeit wird ihnen versüßt: Direkt unter der Wasseroberfläche schwebt ein Kalmar, der seine Farbe wechselt, als einige Fledermausfische sich nähern. Der Pulscomputer zeigt an, dass dem Aufstieg nichts mehr im Wege steht.

Oft werden am Chumpon Pinnacle Riffhaie, mit viel Glück sogar zwölf Meter lange Walhaie gesichtet, erzählt einer der Guides. Außerdem gibt es rund um Koh Tao weitere gute Tauchplätze wie Shark Island, Twin Peaks und das Wrack des Marineschiffes HTMS Sattakut. Als besonderes Unterwasserrevier gilt Hin Pee Wee, weil sich auf dem bunt bewachsenen Meeresfelsen manchmal eine der seltenen Schildkröten aufhält.



Tauchschein in Thailand

Tauchschulen gibt es in Thailand sehr viele und die Ausbildungsbedingungen sind angesichts einer reichen Unterwasserwelt optimal.

Wer tauchen will, muss körperlich fit und darf nicht schwanger sein. Voraussetzung für einen Tauchschein (Brevet) ist bei seriösen Anbietern ein ärztliches Attest - die Tauchtauglichkeit attestieren meist Sportmediziner und HNO-Ärzte. Die meisten Tauchverbände bilden Jugendliche ab 15 Jahren aus; für Kinder ab acht Jahren gibt es spezielle Kurse, die sie auf den Erwachsenensport vorbereiten.

Mehrere Tauchverbände bieten Anfängerkurse an. Bei der Vereinigung Professional Association of Diving Instructors (PADI) und den Scuba Schools International (SSI) werden die Grundlagen im Anfängerkursus "Open Water Diver" vermittelt. Die Organisation Conféderation Mondiale des Activités Subaquatique (CMAS) stellt das Tauchsportabzeichen in Bronze aus. Ein viertägiger Anfängerkurs kostet im Schnitt rund 250 Euro. Im theoretischen Teil der Ausbildung erfahren Tauchanfänger u. a., dass der Druck unter Wasser zunimmt und neutraler Auftrieb den Zustand der Schwerelosigkeit herbeiführt. Im Laufe der praktischen Freiwasserübungen geht es das erste Mal mit Neoprenanzug und Lungenautomat ins Wasser. Wenn die Schüler sich daran gewöhnt haben, unter Wasser ein- und auszuatmen, üben sie, ihren Luftvorrat zu kontrollieren und die Maske abzunehmen.

Das Tauchbrevet (Tauchschein) erhalten Neulinge, nachdem sie fünf Lektionen Tauchtheorie gebüffelt, eine Prüfung erfolgreich abgelegt und die internationale Unterwasser-Zeichensprache erlernt haben.

Wer das Anfänger-Brevet in der Tasche hat, darf bis zu 18 Meter tief tauchen. Für tiefere Tauchgänge bis 40 Meter ist ein Fortgeschrittenen-Brevet Pflicht. Fertig ausgebildete Taucher erhalten ein Logbuch, in dem sie jeden Tauchgang dokumentieren sollten.



Thailand

Thailand-Karte

Anreise:
Mit Lufthansa und Thai Airways von Stuttgart nach Frankfurt über Bangkok nach Surat Thani (www.lufthansa.com, www.thaiair.de) oder mit Thai Airways von München über Bangkok nach Surat Thani (jeweils ab 850 Euro). Die Weiterfahrt mit der Fähre bis nach Koh Tao dauert 6,5 bis neun Stunden (Hin- und Rückfahrt: 25 Euro).

Unterkunft:
Komfortable Bungalows mit Meerblick bietet das Sensi Paradise Resort (DZ/F 70 Euro, www.sensiparadise.com). Gleich am Strand liegt auch das einfachere, aber nette Kallaphanga Resort (DZ/F 25 Euro, chokkallaphanga@hotmail.com). Auf Solarstrom setzt das traumhaft gelegene Dusit Buncha Resort (DZ/F ab 50 Euro, www.dusitbunchakohtao.com).

Allgemeine Informationen:
Deutschsprachige News und Hinweise über Thailand sind auf der Website des Fremdenverkehrsamtes abrufbar (www.thailandtourismus.de). Erfahrungsberichte über Tauchspots rund um Koh Tao bietet das Netzwerk www.taucher.net.

Tauchen:
Den Schutz der Meeresflora und -fauna haben sich die bestens ausgestatteten Master Divers auf die Fahnen geschrieben, www.master-divers.com. Neben der Anfängerausbildung organisiert die Basis Umweltschutzabende und Meeresbiologiekurse.

Sehenswert/Ausflüge:
Der Veranstalter Good Adventures organisiert neben Tauchausflügen Klettertouren und Klippenspringen, www.gtadventures.com. Auf Bootstrips in den Ang Thong Marine National Park ist Island Cruises spezialisiert, www.island-cruises.org.

Was Sie tun und lassen sollten:
Auf jeden Fall die Insel per Moped erkunden, sichere Maschinen vermietet der deutsche Anbieter Lederhosenbikes, www.kohtaomotorbikes.com. Auf keinen Fall bei Schnorchel- und Tauchtouren in Ufernähe auf zerbrechliche Korallen treten.

Reisezeit:
Koh Tao kann von Ende Dezember bis September bereist werden. Die besten Tauchbedingungen herrschen zwischen Januar und März.

Text: Claudia Piuntek
Artikel vom 5. Januar 2014

Der Originalartikel beim Sonntag Aktuell (Pdf)

Zurück zur Leseproben-Übersicht  Zurück zur Leseproben-Übersicht