Borneo

Affentheater und Unterwasserspektakel

Weiße Sandstrände und kitschige Sonnenuntergänge

© Rainer Mersmann
Borneo erfüllt alle Klischees eines Traumurlaubs: Weiße Sandstrände und kitschige Sonnenuntergänge

Von Claudia Piuntek

Im Dschungel sind die Affen los, eine Meeresschildkröte taucht in der Sulu-See. Die drittgrößte Insel der Welt steckt voller Naturreichtümer. Und zur Gefahrenzone gehört Borneo längst nicht mehr - der Stamm der Iban hat die Kopfjagd vor 80 Jahren aufgegeben.

Die Ranger haben Bananenstauden und Jackfrüchte zum Futterplatz hoch geschleppt. Ein Orang-Utan sitzt schon auf dem Baumplateau und wartet auf sein Frühstück. Zwischen Regenwald und Plattform sind Taue gespannt. Mehrere Menschenaffen hangeln sich heran. Es ist 10 Uhr morgens. Im Auswilderungszentrum von Sepilok, das eine halbe Autostunde von dem Städtchen Sandakan entfernt liegt, ist Fütterung. Mitten im Dschungel schauen Besucher aus aller Welt den Primaten beim Klettern und Fressen zu.

Den Segen aller Hammer Bürger erhielt Kamadchi Ampal indes nicht. Anwohner beschwerten sich über zugeparkte Straßen und laute Trommelmusik während des jährlichen Tempelfestes. Die Stadtverwaltung bot Sri Paskaran ein Grundstück im Industriegebiet an. In dem Areal zwischen Kohlekraftwerk, Schlachthof und Baustoffhandel gibt es keine nörgelnden Nachbarn, Parkplätze dagegen sind im Überfluss vorhanden. Außerdem ist der angrenzende Datteln-Hamm-Kanal der ideale Ort für rituelle Waschungen. Der Priester war glücklich, den geeigneten Standort für seinen Tempelneubau gefunden zu haben. Bei der Suche nach einem Architekten vertraute Sri Paskaran wieder den göttlichen Mächten und ließ eine deutsche Freundin mit dem Finger ins Branchenbuch tippen. Ein Volltreffer, wie sich später herausstellte: Baumeister Heinz-Rainer Eichhorst schaffte es, religiöse Vorschriften mit deutschem Baurecht in Einklang zu bringen. Mit der Hilfe indischer Tempelbaukünstler errichtete er das rot-weiß gestreifte Götterhaus nach südindischem Vorbild. Nur die Fußbodenheizung ist ein Zugeständnis ans deutsche Klima, schließlich müssen die Pilger ihre Schuhe im Tempelvorraum abgeben.

Kletternde Taschendiebe

Geschickt schälen die Orang-Utans die Bananen und mampfen eine Frucht nach der anderen in sich hinein. Ein junges Weibchen baumelt am Seil und guckt interessiert auf die mit Kameras bepackten Touristen. Einige halten verkrampft ihre Rucksäcke fest - im Besucherzentrum haben sie erfahren, dass die Waldmenschen mit den dunkelbraunen Knopfaugen geübte Taschendiebe sind.

Eigentlich sind Orang-Utans Einzelgänger, aber die Affen von Sepilok müssen sich erst an das Leben im Dschungel gewöhnen. Es sind Jungtiere, die durch Brandrodungen ihre Mutter verloren haben oder als Hausaffen gehalten wurden. Im Auswilderungszentrum lernen sie, sich Schlafnester in den Bäumen zu bauen und selbst auf Nahrungssuche zu gehen. Wenn ein Affe nicht mehr zur Futterstelle kommt, war die Auswilderung erfolgreich. Plötzlich nähert sich ein ausgewachsenes Männchen mit Backenwülsten. Affen und Pfleger ergreifen die Flucht. Nur ein Orang-Utan-Junges bleibt auf der Plattform sitzen und schaut voller Respekt auf den Anführer der Affensippe. Der Kleine braucht keine Angst vor ihm zu haben, der Nachwuchs genießt noch Narrenfreiheit. Bei den übrigen Orang-Utans fällt das Frühstück mager aus. Sie müssen auf die Nachmittagsfütterung warten oder sich selbst auf die Suche nach Früchten machen.

Kitschiger Sonennuntergang im Taucherparadies

Früchte, Fisch und Feriengäste hat das Schnellboot geladen, das von Sandakan aus auf die Trauminsel Pulau Lankayan zusteuert. Gleich nach der Ankunft geht es weiter mit dem Tauchboot. Das Wasser ist spiegelglatt und glasklar, die Tauchplätze rund um das Eiland überwältigend. Die Urlauber in Neopren machen eine Rückwärtsrolle vom Boot und gleiten hinab zum Korallenriff. Im Sinkflug begegnen sie einer Meeresschildkröte, die gerade zur Wasseroberfläche paddelt, um Luft zu holen. Ein Taucher entdeckt ein Seepferdchen, am Meeresgrund liegt ein schlafender Leopardenhai. Hinter dem fleckigen Raubfisch nagen Papageienfische an den Korallen, das Wasser dämpft das malmende Geräusch. Der Tauchguide spürt eine winzige Nacktschnecke mit knallroten Fühlern auf. Die Artenvielfalt unter Wasser ist ebenso beeindruckend wie im Dschungel. Nach 50 Minuten geht dem ersten Unterwasser-Sportler langsam die Luft aus. Das Tauchboot sammelt die Gruppe wieder ein.

Orang-Utans in der Auswilderungsstation von Sepilok
© Rainer Mersmann
Die Orang-Utans in der Auswilderungsstation von Sepilok müssen erst wieder lernen, Schlafnester zu bauen und selbst auf Nahrungssuche zu gehen

Das Leben an Land erfüllt sämtliche Klischees vom Urlaubsidyll. Der Strand von Lankayan ist schneeweiß, das Inselchen in 20 Minuten lässig umrundet. Einen Wohlfühl-Bonus gibt es auch für das im Stelzen-Restaurant aufgetischte Seafood, bei dem die Gäste sich jeden Tag aufs Neue überzeugen können, dass die Natur in der Sulu-See noch in Ordnung ist. Bloß abends haben die Taucher und Schnorchler immer wieder die Qual der Wahl, ob sie den kitschigen Sonnenuntergang vom Restaurant oder dem eigenen Bungalow aus betrachten wollen. Mit etwas Glück gibt es in der Nacht dann noch ein Naturspektakel, wenn eine Schildkröte an Land kommt, ein tiefes Loch scharrt und ihre Eier am Strand verscharrt. Sieben Wochen später sorgt die Brut schon für das nächste Schauspiel: Winzige Schildkröten wühlen sich den Weg durch den Sand frei und krabbeln ins Meer.

Im Einbaum zu den früheren Kopfjägern

Noch ein Abenteuer Borneos erwartet Besucher im Reich der Iban, die im Bundesstaat Sarawak leben. Das Dschungel-Resort am Stausee von Batang Ai ist der Ausgangspunkt für Touren zu den einstigen Kopfjägern, deren Aktivitäten sich heutzutage auf den Anbau von Reis und Pfeffer konzentrieren. Im Einbaum geht es den Fluss hinauf zu einem Langhaus. Das lange, mit Außenbordmotor ausgestattete Boot umschifft einige Stromschnellen und gleitet über Treibholz hinweg. Nach einer Stunde ist das Ziel erreicht. Die Besuchergruppe wird freundlich empfangen. Im Stelzengebäude steht ein Iban nach dem anderen auf und schüttelt den Gästen aus dem fernen Europa die Hände. Die Innenveranda ist ein 150 Meter langer Raum, von dem links 37 Wohnungen abgehen. 300 Menschen leben in dem Langhaus, der Häuptling fordert die Besucher auf, auf dem Boden Platz zu nehmen.

Ein Gong schlägt, und wie von der Tarantel gestochen springt ein Mann im Federkostüm durch den Raum. Neben ihm wippt eine Frau im traditionellen Gewand die Hüften. Begleitet werden die beiden von Trommeln und Zupfinstrumenten. Das Paar gibt den Kopfjäger-Tanz. Früher bewiesen die Iban durch das Abschlagen von Köpfen ihre Männlichkeit, heute zeigen sie, was sie rhythmisch draufhaben. Auf den Tanz folgt der traditionelle Trinkspruch und der gefürchtete Reiswein Tuak. Das Getränk ist äußerst süffig und hat schon manchen Besucher umgehauen, der den Iban gleich mehrmals zugeprostet hat. So oder so, die Rückfahrt im schmalen Einbaum ist eine ziemlich wacklige Angelegenheit.

Tipps und Adressen:

Anreise
Der Direktflug mit Malaysia Airlines von Frankfurt via Kuala Lumpur nach Kuching und zurück ist inklusive Steuern und Gebühren ab 900 Euro buchbar. http://de.malaysiaairlines.com

Reisen im Inland
Jeder kleinere Ort auf Borneo hat einen Flughafen. Wer langfristig plant, kann mit Air Asia schon für 15 Euro (One-Way-Ticket, inklusive Steuern und Gebühren) von Kuching nach Kota Kinabalu in Sabah fliegen. www.airasia.com/site/en/home.jsp

Die Preise für Mietwagen liegen pro Tag zwischen 40 und 75 Euro. Es herrscht Linksverkehr. Der Liter Benzin kostet 0,40 Euro.

Übernachtung
Langhaus-Resort Hilton Batang Ai:
http://www1.hilton.com/en_US/hi/hotel/KUCBLTW-Hilton-Batang-Ai-Longhouse-Resort/index.do
Orang-Utan-Refugium Sepilok Jungle Resort:
http://www.sepilokjungleresort.com/RehabCentre2.html
Tauchresort Lankayan Island:
http://www.lankayan-island.com/

Reisezeit und Klima
Die Temperaturen liegen im Jahresschnitt zwischen 21 und 32 Grad. Die Luftfeuchtigkeit auf Borneo ist sehr hoch. Hauptreisezeiten sind die Monate März bis September. Zwischen Oktober und Februar fällt viel Regen.

Gesundheit
Es besteht keine Impfpflicht. Ratsam sind aber Impfungen gegen Hepatitis A und B, Diphterie, Tetanus sowie Typhus. Als Schutz vor Malaria und Dengue-Fieber gehören ein Mückenschutz und ein Malaria-Standby-Präparat ins Reisegepäck. Die Gesundheitsrisiken sind insgesamt eher gering, der Standard in Krankenhäusern gut bis sehr gut.

Malaysia-Infos
Malaysia-Tourismus: www.tourismmalaysia.de
Sabah-Tourismus: www.sabahtourism.com
Sarawak-Tourismus: www.sarawaktourism.com

Der Originalartikel bei Stern.de

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